Der lange Weg zu den Stolpersteinen

Erste Spuren
In den 70er Jahren griffen viele Künstler das Gedenken an die NS-Diktatur auf. Einer davon ist der 1947 in Berlin geborene Gunter Demnig, der an der Hochschule für Bildende Künste Berlin Kunstpädagogik studierte. Gunter Demnig beschäftigte sich von Anfang an mit dem Verlegen von Spuren. Auch im Rahmen des Vorgängerprojektes der Stolpersteine arbeitete er mit einer Schriftspur. Dieses entstand im Jahr 1990 anlässlich eines Gedenktages für die Sinti und Roma, die am 6. Mai 1940 von den Nationalsozialisten aus Köln, Hamburg und Düsseldorf deportiert worden waren. Die Erinnerungsspur verlief vom westlichen Stadtrand quer durch die Stadt Köln und enthielt den Schriftzug „Mai 1940 – 1000 Sinti und Roma“. Die Spur sollte an einigen ausgewählten Stellen mit Messing verewigt werden. Jedoch verzögerte die Stadt die Verlegung der Messingspur zunächst. Aus Protest gegen diese Haltung der Stadt setzte Gunter Demnig am 16. Dezember 1992, dem 50. Jahrestag des „Auschwitz-Erlasses“, ohne Genehmigung einen Stein vor dem Historischen Rathaus in Köln. Bald folgte eine Zustimmung zur Verlegung der Messingspuren an 23 Stellen in Köln, so dass der Künstler am 8. Juni 1993 beginnen konnte. Der letzte Gedanke schließlich, der zu einem Konzept für die Stolpersteine führte, entstammte einer Begegnung, die der Künstler bei der Verlegung des Messingschriftzuges in der Kölner Südstadt erlebte.
Dort sprach ihn eine Zeitzeugin an und sagte, dass in diesem Viertel niemals Sinti und Roma gelebt hätten. Diese Begegnung war der Auslöser für die Idee, die Erinnerung an die Opfer dorthin zurückzubringen, wo ihre Heimat gewesen war und wo alles begonnen hatte.
Bis zur Durchsetzung des Projektes war es aber ein weiter Weg, auf dem sich das zunächst theoretische Konzept weiterentwickelte und auch oft veränderte.

Konzept
Im Herbst 1992 fand das Kunstprojekt „Größenwahn-Kunstprojekte für Europa“ statt, in dessen Rahmen 116 Künstler aus 14 verschiedenen Ländern etwas „Größenwahnsinniges“ zu Papier bringen sollten. Das Buch erschien erstmals auf der Frankfurter Buchmesse; darin wurde die Idee für das Projekt zum ersten Mal publiziert.
Zunächst glaubte der Künstler aber nicht daran, das Projekt wirklich umsetzen zu können. Kurt Werner Pick, Pfarrer der Antoniterkirche in Köln, ermutigte Gunter Demnig, mit einer kleinen Zahl von Stolpersteinen zu beginnen und so „ein Zeichen zu setzen“. In Zusammenarbeit mit der Antoniterkirche entstand im Sommer 1994 eine Ausstellung unter dem Namen „Stolpersteine – Spuren gegen das Vergessen“. Damit wurden die Stolpersteine einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

Zum Erfolg
Die ersten Stolpersteinverlegungen fanden in Köln wurden im Januar 1995 ohne behördliche Genehmigung statt, drei weiteren Verlegungen folgten im selben Jahr.
Am 19. Juli 1997 kam es erstmals zur Verlegung von behördlich genehmigten Stolpersteinen in St. Georgen bei Salzburg in Österreich. Erst 2000 konnten die Verhandlungen mit den Verwaltungsorganen abgeschlossen und in Köln die ersten genehmigten Steine verlegt werden. Nach Köln und Berlin war Hamburg die nächste große Stadt, in der Verlegungen stattfanden. Hier wuchs die mediale Aufmerksamkeit stark an, wodurch Hamburg einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Projektes hatte. Bis 2005 folgte eine Ausbreitungswelle, in der sich das Projekt in Deutschland vollständig etablieren konnte.
Im Jahre 2006 begann dann nochmals ein neuer Abschnitt, denn es kam nach zu den ersten Verlegungen im Ausland nach 1997.
Heute sind die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Insgesamt gibt es ca. 69.000 Steine (Stand: Mai 2018). Jedoch wird es nicht bei dieser Zahl bleiben, da das individuelle Gedenken für viele Menschen zu einem persönlichen Anliegen geworden ist.