Dr. Lisa Eppenstein

Am 22. November 1887 erblickte Lisa Eppenstein in Breslau das Licht der Welt. Sie war das sechste und jüngste Kind der wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie Eppenstein.
Da die Familie zur Oberschicht Breslaus gehörte, war es Lisa Eppenstein möglich, am Realgymnasium am Zinger zu Ostern im Jahr 1907 ihr Abitur erfolgreich zu absolvieren. Anschließend begann sie in Breslau und in Freiburg zu studieren, um als Gymnasiallehrerin in den Fächern Geschichte und Geografie zu arbeiten.
In dieser Zeit engagierte sie sich in der studentischen Frauenbewegung "Freiburger Studentenverein". Zudem war sie ein aktives Gründungsmitglied der "Hüttenzunft". Deren langjährige Vorsitzende Johanna Kohlund schilderte Lisa Eppenstein 1950 als eine Frau, die sehr nevös, aber auch leidenschaftlich empfindsam und warmherzig und überdies „mehr in der geistigen Welt beheimatet" (Johanna Kohlund) gewesen sei. In ihrer Studienzeit begann Lisa Eppenstein eine Freundschaft mit dem 25 Jahre älteren Historiker Friedrich Meinecke.
Neben ihren geistigen Freizeitaktivitäten war Lisa Eppenstein Skiläuferin und Bergsteigerin.
Im Juli des Jahres 1913 promovierte sie.
1918 äußerte sie dann, dass sie die Abschaffung der Monarchie und Einführung der Republik vor allem als Verlust empfinde.
Während des Sommersemesters 1919 war sie Gasthörerin der Universität Jena in den Fächern der Philosophie.
Da der jüdische Glaube bereits von ihren Eltern nicht mehr gelebt wurde, ließ sich Lisa Eppenstein christlich taufen.
An der Fürstin-Bismark-Schule in Berlin bekam sie eine Anstellung. Als 1920 und 1922 linksgerichtete Reformen bezüglich des Geschichtsunterrichtes erfolgten, leisteten einige Lehrer, darunter auch maßgeblich Lisa Eppenstein, Widerstand. Als Folge dessen wurde sie im März 1921 zwangsversetzt. Doch einen Monat später erfolgte ein Regierungswechsel, in dessen Zuge ihre Versetzung zurückgenommen wurde.
In den folgenden Jahren lebte Lisa Eppenstein in einer festen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit ihrer Arbeitskollegin Charlotte Grützmacher. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP wurde sie, wie alle "nichtarischen" Pädagogen, am 1. April 1933 in einen Zwangsurlaub versetzt und gegen Ende des Jahres 1933 in den Ruhestand. Zu diesem Zeitpunkt war sie 46 Jahre alt.
Auch nachdem Charlotte Grützmacher am 6. Januar 1934 starb, lehnte Lisa Eppenstein eine Emigration entschieden ab.
In den folgenden Jahren beschäftigte sie sich intensiv mit der Bibel.
An der von Probst Grüber gegründeten Familienschule in Berlin fand sie eine Anstellung als Studienrätin. Da jüdische Kinder vom öffentlichen Schulunterricht ausgeschlossen wurden, bekamen sie hier die Möglichkeit einer Bildung. Als diese Schule vom NS-Regime geschlossen wurde, flüchtete Lisa Eppenstein im Oktober 1941 zu ihrer Schwester Emmy Wandersleb nach Jena.

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Lisa Eppenstein
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Lisa Eppensteins Schwester Emmy Wandersleb

Dort erhielt sie am 3. Mai 1942 die Nachricht, dass sie sich am 9. Mai 1942 um 12:00 Uhr am Bahnhof einzufinden habe. Auch wenn ihr als Ziel "unbekannt" angegeben wurde, wusste sie höchstwahrscheinlich, was sie erwartete, da sie einen Abschiedsbreif nach Berlin sendete. Aus Angst um ihre Schwester Emmy wagte Lisa Eppenstein es nicht, sich dieser Aufforderung zu widersetzen.
Am 10. Mai 1942 wurde sie in das Ghetto Bełżyce deportiert. Dort litt sie unter Raum- und Essensmangel. Ob Lisa Eppenstein am 13. Oktober 1942 in der Gaskammer umgebracht wurde, oder beireits auf dem Weg dorthin den Freitod wählte, ist ungeklärt.
Ihre Schwester Emmy Wandersleb wurde in das KZ Theresienstadt deportiert, überlebte dort aber das Kriegsende.
Am 2. Juni 2010 wurde in der Schaefferstraße 14 zu Gedenken an Lisa Eppenstein ein Stolperstein verlegt.