Dr. Klara Griefahn

Klara Griefahn wurde am 19. September 1897 als Klara Hofmann in Budapest geboren und wuchs in der großen jüdischen Familie eines Weinhändlers als achtes von zehn Kindern auf. Durch ihre auffallende Klugheit genoss sie großes Ansehen in ihrer Klasse. 1917 begann sie ein Medizinstudium in Greifswald; ihre jüdische Herkunft wurde zunächst nicht registriert. Sie galt als Ungarin, die in Deutschland studierte. Während des Studiums lernte sie den Sohn ihrer Vermieterin kennen, der ihr späterer Ehemann Siegfried Griefahn war und ebenfalls Medizin studierte. Noch während des Studiums heirateten beide und zogen 1922 nach Lobeda. Lobeda gehörte zwischen 1922 und 1924 zu Jena und wurde dann bis 1946 zu einer eigenständigen Gemeinde. Das Ärzteehepaar eröffnete eine allgemeinmedizinische Praxis in der Diakonatsgasse 5 mit dem Schwerpunkt Geburtshilfe. Klara Griefahn war eine sehr beliebte Ärztin. Ganz besonders sorgte sie sich um Mütter und deren Kinder. Sie widmete sich der Gesundheitsfürsorge im Wochenbett und im Säuglingsalter und führte die erste kostenlose Mütterberatung in Jena und Lobeda ein. Im November 1923 erhielt sie ihre Approbation und durfte somit den Beruf als Ärztin staatlich legitimiert ausüben. In den folgenden Jahren wurden ihr Sohn Sigurd (*9. April 1924) und ihre Tochter Dörte (*22. November 1928) geboren. Von 1930 bis 1933 studierte sie an den Universitäten Greifswald, Jena und Wien noch zusätzlich Zahnmedizin, im Jahre 1931 eröffnete sie eine eigene Praxis in der Ernst-Abbe-Straße 6. Im Juli 1933 beendete sie ihre Tätigkeit als Ärztin und kam so der Kennzeichnung als „nichtarische Ärztin“ zuvor, denn mittlerweile war ihre jüdische Herkunft teilweise bekannt, sodass sie als „Mischling“ galt. Danach konnte sie nur noch gelegentlich in der Praxis ihres nichtjüdischen Mannes mitarbeiten. In den folgenden Jahren hatte Klara Griefahn viel Angst vor der Entdeckung als Jüdin durchzustehen. Auch den Kindern erzählte sie nichts von ihrer jüdischen Herkunft, versuchte jedoch, das menschenverachtende Gedankengut der Nationalsozialisten, das ihnen überall begegnete, von ihnen fernzuhalten.

Klara Griefahn
Klara Griefahn

Im Sommer 1943 wurde Klara Griefahn von einer ihrer besten Freundinnen denunziert, die auch gleichzeitig die Frau des NSDAP- Ortsgruppenführers und Lobedaer Bürgermeisters Meiners war. Auf diese Denunziation folgte ihr erster Selbstmordversuch, der jedoch scheiterte. Die ständigen Repressalien setzten ihr sehr zu, vor allem litt sie unter dem Berufsverbot, welches sie mit dem Entzug ihrer Zulassung als Ärztin hinnehmen musste. Auch das Verbot von Kino- und Theaterbesuchen, vom Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel und das Tragen des gelben Sternes demütigten sie. Sie musste zusehen, wie ihre Tochter von Lyzeum verwiesen und ihr Sohn aus der Luftwaffe entlassen und in ein Arbeitslager gebracht wurde. Jedoch gab es auch Menschen, die ihr etwas Halt gaben. Ihr Mann zum Beispiel, der kein Jude war, lehnte eine Scheidung ab und hielt bis zum Ende zu ihr. Er wurde von seinen Patienten, die für ihn Partei ergriffen, vor staatlichen Maßnahmen geschützt. Auch Bekannte, Freunde und Patienten gab es, die ihr ein Versteck anboten. Doch um diese nicht in Gefahr zu bringen, lehnte Klara Griefahn ab. Am 29. Januar 1945 traf der Deportationsbescheid ein. Am 31. Januar 1945 sollte der letzte Deportationszug nach Theresienstadt Jena verlassen. Da Klara Griefahn durch Briefe, die sie gelesen hatte, wusste, was ihr bevorstand, entschied sie sich dafür, sich selbst das Leben zu nehmen. Am 30. Januar vergiftete sie sich mit einer Überdosis Morphium. In ihrem Abschiedsbrief, in dem sie sich für diesen Selbstmord entschuldigte, schrieb sie: „Lieber tot als Sklav.“ (Stadtarchiv Jena(Hrsg.): Jüdische Lebenswege in Jena. Erinnerungen, Fragmente, Spuren, Bd.18, Jena 2015, S.269-272) Sie hatte die Vorstellung an solch eine erniedrigende Behandlung nicht ertragen können. Besonders tragisch an diesem Freitod war, dass alle Juden, die mit dem letzten Deportationszug Jena verlassen hatten, überlebten, da der Zug nach Jena zurückkehren konnte.
Klara Griefahn wurde auf dem Lobedaer Friedhof beerdigt, ihre Tochter erinnerte sich: „Obwohl allen klar war, dass solche Veranstaltungen von der Gestapo observiert wurden, war der Friedhof zur Beerdigung schwarz von Menschen.“ (Amlacher, Cornelia u.a. (Hrsg.): Anpassung, Verfolgung, Widerstand. Frauen in Jena 1933-1945, Jena 2007, S.66)
Heute findet sich zum Gedenken an diese „... wunderbare Frau, von deren Persönlichkeit man schon nach wenigen Gesprächen beeindruckt war"(ebenda) in Lobeda seit 1945 die Klara-Griefahn-Straße. An deren Beginn ist eine Gedenktafel zu finden, die am 12. November 2006 „in einer bewegenden Feierstunde“ (Unbekannt: Bewegende Feierstunde für Klara Griefahn. Gedenktafel am Sonnabend enthüllt, In: Thüringische Landeszeitung, 14.11.2005, Lokalseite 2) enthüllt wurde. Aufgrund ihres Engagements für Frauenheilkunde und Verbindungen der Frauenklinik zur Familie der Griefahns (Siegfried Griefahn hatte vor seiner Niederlassung dort gearbeitet und der Sohn Sigurd war mehrere Jahre dort Oberarzt), wurde die Station 3 der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe nach ihr benannt. Sie trägt noch heute den Namen „Klara Griefahn“. Es befindet sich dort eine Collage mit Fotos, Texten und Lebensdaten der jüdischen Ärztin.
Der Sohn Sigurd wurde vom Arbeitslager nach Schönfels bei Zwickau gebracht. Von dort konnte er fliehen, nahm ein Medizinstudium auf und arbeitete als Oberarzt in der Jenaer Frauenklinik. 2011 starb er in Oberbayern. Die Tochter Dörte studierte Klavier an der Franz- Liszt- Hochschule in Weimar und starb 2004.
Am 17. August 2009 wurde in der Klara-Griefahn-Straße 16 ein Stolperstein für Klara Griefahn gesetzt.